Nur EC reicht nicht mehr aus

Kritische Infrastruktur, und dazu gehört auch das bargeldlose Bezahlen, komplett in die Hände einiger weniger US-amerikanischer Konzerne zu geben, ist aus europäischer Sicht leichtsinnig.

13. Dezember 2020

Die Entwicklung des bargeldlosen Zahlens in Deutschland

Die gerade stattfindende Konzentration im Bereich der Zahlungsabwickler ist ein Punkt, auf den die EU in Zukunft verstärkt achten sollte. Der Wettbewerb von Zahlungsanbietern ist notwendig, aber sollte keine unnötigen Hürden aufbauen.

Die girocard ist aktuell ein rein deutsches Produkt, welches im Wesentlichen von den Gremien der beteiligten Bankengruppen gesteuert wird. Mit Blick auf die Nachbarländer, die bereits früh NFC-fähige Mastercard, Visa und Maestro-Karten millionenfach im Einsatz hatten, begann die Entwicklung des kontaktlosen Bezahlens in Deutschland mit einiger Verzögerung. Erst als 2017 der Startschuss für die reguläre direkte Belastung des Girokontos mittels „girocard kontaktlos“ fiel, nahm der Zug auch in Deutschland Fahrt auf.

Mit der durch die EU durchgesetzte Kappung der Interchange-Gebühren im Dezember 2015 begann in deutschen Geschäften eine riesige Aufholjagd. Mastercard und Visa wurden von da an in immer mehr Geschäften des täglichen Bedarfs akzeptiert, und auch American Express schaffte es an die Discounter Kassen. Neue Akzeptanzstellen wie Bäckereien, Schnellrestaurants und Kioske sind meist sowieso mit einer umfassenden Akzeptanz gestartet. Mit der Akzeptanz der internationalen Schemes kamen auch kontaktlose Terminals an die Kassen des deutschen Handels.

Stapel-vom-Debitkarten

Änderungen für Bestandskunden

Die Kommunikation rund um Kartenakzeptanz war früher klar strukturiert: girocard war die wichtigste Karte, internationale Debitkarten Maestro und V PAY dann wichtig, wenn man sein Geschäft grenznah betreibt oder im Après-Ski Business tätig ist. Für höherwertige Güter und finanzstarke Kundschaft sollte man Mastercard und Visa akzeptieren. Darüber hinaus war Jahrzehnte das Hauptargument pro Karte: „Kunden geben mehr aus, wenn sie mit Karte bezahlen können“. Heute heißt es allerdings immer häufiger: Kunden geben überhaupt etwas aus, wenn sie mit Karte bezahlen können.

Auch bei der Frage, welche Karte es sein muss, hat sich einiges verändert. Unzählige Fintech-Unternehmen setzten auf Prepaid- oder Debitkarten von Mastercard und zunehmend auch Visa. Die Unternehmen setzen nicht auf hohe Ausgaben der Kunden, sondern viel mehr auf kleine Alltags-Beträge wie ein Coffee-to-Go, ein Supermarkt-Einkauf oder ein Brötchen vom Bäcker.

Ein ehemaliger Nischenanbieter wie die Berliner Neobank N26, die sowohl auf Debit Mastercard in Plastikvariante als auch auf Google- und Apple Pay setzt, wurde zum relevanten Player mit weltweit 5 Mio Kunden. Ebenso wie bei anderen Banken wie ING, DKB und comdirekt sucht man die girocard mittlerweile vergebens. Immer häufiger wird mit kostenlosen Visa Karten geworben, die in Google- und Apple Pay integriert sind. Einige Unternehmen weisen vermehrt auf die Vorzüge der Visa Karten hin und bieten sie als Austauschkarte für girocards an. So haben sich die deutschen Kunden immer mehr daran gewöhnt, ihre Kredit- oder Debitkarten auch im Alltag zu nutzen.

„Nur EC“: Ernüchterung an der Kasse

Trotz des positiven Wandels kommt es an der Kasse häufig zu Ernüchterungen, wenn es heißt „Nur EC-Karte“. Solange die meisten der Kunden immer noch eine girocard besitzen, da bspw. das N26-Konto noch nicht zum Hauptkonto wurde, nimmt man halt diese. Wenn man sich für einen Wechsel entschließt oder die eignene Bank keine girocard mehr anbietet, wird man unfreiwillig wieder zum Barzahler. Gleiches gilt natürlich auch für Kunden ausländischer Banken.

Gründe für schlechte Akzeptanzen

Die Gründe, warum ein Händler oder Gastronom nur girocard akzeptiert, können vielfältig sein. Fehlerhafte Aufklärung durch den Anbieter, bislang kein Bedarf oder schlichtweg Konditionen, die die Akzeptanz anderer Karten uninteressant machen.

Schlechten Konditionen kann man mit dem Einholen von Vergleichsangeboten begegnen. Wer als Händler schon länger Karten akzeptiert, kennt meist auch die für ein Angebot wichtigen Kennziffern. Aber viele haben bislang nicht die Notwendigkeit gesehen, sich mit dieser eher lästigen Thematik zu beschäftigen und es dabei belassen.

Aufklärung tut not

Oft ist die fehlende Aufklärung das größte Problem. Vielen Kunden und Unternehmern ist nicht klar, warum auf deutschen girocards ein Maestro-Logo steht und wieso eine nahezu identische Karte im Ausland nicht funktioniert. Auch die Antwort auf die Frage, warum es keine EC-Karten in anderen Ländern nicht gibt, ist häufig nicht bekannt.

Selbst eine der größten Lebensmitteleinzelhandels-Ketten setzt weiterhin lediglich auf girocard. Wie sollten Kunden von Inhabern kleinerer Unternehmen etwas anderes erwarten?

Fazit: Die passenden Konditionen finden!

Das Corona-Jahr hat vieles verändert. Viele Deutsche nutzen ihre Karten häufiger und für kleinere Beträge als noch vor Kurzem. Mit Mobile Payment hat auch die Relevanz von Visa und Mastercard im Alltag zugenommen. Schilder mit Mindestumsätzen, wie sie früher üblich waren, sorgen heute auch bei Normalbürgern für verständnisloses Kopfschütteln. Und wer sich einmal an die Vorzüge von Apple Pay gewöhnt hat, reagiert genervt, wenn das Bezahlen nur mit gesteckter girocard möglich ist.

PAYVED möchte Händler ermutigen sich schlau zu machen und gute Konditionen für ihr Unternehmen zu finden. Denn früher oder später werden immer mehr Kunden an der Ladenzeile stehen, die andernfalls schulterzuckend ohne ihren Einkauf den Laden verlassen werden.